WELTverBESSERUNG

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Welt verbessern. Große Worte. Weltverbesserer sieht man gerne schief an, von der Seite. Sie sind unbequem. Man findet sie durchgeknallt und naiv, zugleich wäre man aber doch auch gern ein bisschen so. Die Welt ist im Wandel. Nicht zum Besseren. Man sollte sie verbessern. Nicht? Wir erleben, dass es irgendwie nicht mehr so entspannt ist, dass es knistert in der Luft. Die Atemluft wird schärfer. Terror und Gewalt. Das alles ist dennoch nicht neu, denn all das hat es immer schon gegeben. Nur nicht in meiner oder deiner Welt. Die Welten sind im Wandel. Viele fürchten Bedrohungen von außen: Flüchtlinge, Kapitalismus, Klimawandel, Verarmung. Dinge, denen wir machtlos ausgeliefert sind. Scheinbar. Wir fühlen uns hilflos. Uninformiert. Überrollt. Aber diese Bedrohungen meine ich nicht. Nur. Was ich meine, ist auch die zunehmende Verrohung unserer Gesellschaft, von Menschen in meiner unmittelbaren Umgebung. Menschen, denen es an nichts fehlt werden kälter, abgestumpfter und zugänglicher für billigen Populismus und falsche Versprechungen. Ich fühle mich bedroht durch eine Zunahme an Kälte und Hetze und Abnahme von Mitgefühl und Solidarität. Was kann ich tun? Ich kann nachdenken über das, was ich höre, sehe, lese, spüre und wahrnehme. Ich muss kein übereiltes Urteil fällen. Ich kann mir im stillen Kämmerchen mit Bedacht und ohne Hast eine Meinung bilden. Ich kann mich informieren, dann diskutieren und streiten. Und zuhören. Ich kann fragen. Ich kann dich fragen. Ich kann mich fragen, was Gerechtigkeit ist und Menschenwürde. Ich kann mir Rat holen. Bei klugen Menschen. Ich kann mich fragen, ob ein Vertriebener, der alles verloren hat eine Gefahr für mich darstellt oder der Hetzer, der mich als Gutmensch diskreditiert, der spaltet und ausgrenzt oder der, der dem Hetzer folgt. Nur weil meine Lösungen nicht Hass, Abschottung, Ausschließen und Bewaffnung, sondern Verstehenwollen, Überlegen, Behüten und Versöhnen sind, heißt das nicht, dass ich mir der Probleme nicht bewusst bin. Verteidigung und Verurteilung nur dort, wo sie gerechtfertigt sind. Es heißt nicht, dass ich niemals Angst habe. Aber ich habe etwas zu verlieren. Meine Welt. Wir alle haben etwas zu verlieren. Viel. Den Frieden. Die Fratze des Krieges zeigt sich uns in den Gesichtern jedes geflüchteten Menschen, wir sehen in ihren Augen, wozu Menschen fähig sind. Wir möchten wegschauen. Ich sehe aber auch die entstellten Gesichter der hemmungslos geifernden Aufwiegler. Ich kann mich ihnen entgegenstellen. Mit einer Meinung. Einer anderen Meinung. Ich kann darauf bestehen, dass jeder Mensch Würde besitzt, dass jeder Mensch kostbar ist, dass jeder Mensch eine Lebensgeschichte und das Recht auf eine Zukunft hat. Das Recht auf Zukunft und das Recht auf ein gutes Leben. Jedes Menschen Würde, die ich verteidige ist meine eigene. Jeder Angriff gegen die Menschlichkeit ist ein Angriff gegen mich selbst. Ich kann mir klar werden, dass Hass, Krieg, Unterdrückung und ein sich über andere Menschen erheben noch nie, niemals  fruchtbar und dem Glück und dem guten Leben zuträglich waren. Ich kann wählen. Ich habe die Wahl, weise zu sein, besonnen, gerecht und stark. Mit Stärke und etwas Mut kann ich mich gegen die Kleingeistigkeit, den Hass und das Vorurteil stellen. Nicht nur gegen die Vorurteile der anderen, sondern auch gegen jene, die in mir nagen. Gegen die Kleingeistigkeit in mir selbst. Ich kann meine schärfsten Waffen einsetzen, mein Herz und meinen Verstand. Ich kann die Perspektive des Gestrandeten, des Außenseiters und des Verlierers einnehmen und ich werde einsehen, dass ich ganz schnell selbst zu diesem Verlierer werden kann. Denn auch er steckt in mir. Ich halte das gute Leben in Händen. Das gute und freie Leben. Es ist bedroht. Ich will für das gute Leben meine Stimme erheben. Ich will mittun und ich will dich begeistern und noch viele mehr. Menschen sind dazu gemacht, das Glück zu suchen. Wir sind selbst die Bewahrer der guten Welt. Du und ich. Wir können Weltverbesserer sein. Ein Wort, ein Blick, eine Geste. Ein Anfang. Klein und lächerlich, möglicherweise, aber ein Schritt. Aus der Geste wird vielleicht eine Handlung und aus der Handlung eine Haltung. Und die Haltung ist das, was ich bin.

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