
Spaziergang durch das Marais
Ich habe sagen hören, man stamme nicht von dem Ort, wo man geboren, sondern wo man wiedergeboren wurde.
Beim ersten Aufenthalt schon stellte sich unmittelbar ein Gefühl der Vertrautheit ein, obwohl mir diese große und prächtige Stadt noch völlig fremd und unbekannt war. So als ob ich hier schon einmal gewesen wäre. Es funkte. Sofort. Und seither begleitet mich zu jeder Zeit und in jedem Augenblick eine Sehnsucht und ein Verlangen, möglichst rasch zurückzukehren. Ich kann Paris zwar immer und überall herbeiholen. In Gedanken. Mit Erinnerung und Phantasie. Doch richtig fühlt es sich nur an, wenn mein Herz nicht nur für, sondern auch in Paris schlägt und ich die Pariser Luft einatmen kann. Mit Leib und Seele hier sein.
Der erste Platz, der erste Ort, den ich immer sofort aufsuche, ist der königliche Place des Vosges im Herzen des Marais. Er ist von zinnoberroten dreigeschossigen Palais mit Arkaden gesäumt. Ich betrete den von einem schmiedeeisernen Zaun umgebenen Park und setze mich auf die Wiese. Um mich herum fröhliche Ausgelassenheit. Stimmengewirr aus Französisch und Sprachen aller Herren Länder. Ich blicke in den Himmel über mir, den Pariser Himmel und bin froh. Ich lache. Es lacht in mir. Ich bin da.

Die Attraktionen, die man in Paris besuchen und bestaunen kann sind unzählig. Ein Aufenthalt reicht nicht aus, nicht zwei oder drei. Ich habe fast alle wichtigen Museen, Kirchen, Brücken, Aussichtsplätze und Stadtteile besucht. Bin auf Türme und Dächer gestiegen. Kunst und Kultur. Die Oper, Jazzclubs, Bars, Restaurants. Die Dinge, die man in dieser Stadt gesehen haben muss, sind schier unerschöpflich. Doch was mich berührt sind nicht unbedingt die Bauwerke, die Kunstschätze, die Sehenswürdigkeiten. Es ist vielmehr das Ganze. Das Fluidum. Die Gesamtheit der Schönheit der Welt scheint in dieser Stadt konzentriert. Die Weite der Jardins des Tuileries und der Champs-Élysées, die Paläste, die Seine mit ihren tausend Brücken. Kathedralen. Breite Boulevards und enge Gässchen. Der Blick nach Montmartre. Und immer von jeder Stelle aus der Eiffelturm, der mir versichert, nicht verloren zu sein. Eiserner Wegweiser.

Was mich berührt ist die Lebenslust der Pariser, die sich darin zeigt, wie sie ihren Café Crème ob in der Sonne oder im Regen, bei jeder Witterung eng an einander gedrängt, plaudernd, vor einer der unzähligen Bars genießen. Wie sie essen, wie sie trinken, wie sie sich kleiden. Ihre Gesten. Wie Männer ihre Freunde mit einem Kuss begrüßen, sich umarmen. Wie Frauen ihre Weiblichkeit mit Spitze, Transparenz und roten Fingernägeln zur Schau stellen. Emotionen sind hier Lebensart. Herz. Feuer. Lebendigkeit. Paris hat nicht Charme, Paris ist Charme. Paris ist nicht verzaubert, es ist der Zauber. Und ich bin die Verzauberte.
Vom Place des Vosges und dessen Weite streune ich nun weiter durch die engen Gässchen des Marais. Ich bräuchte eigentlich kaum mehr von dieser Metropole, als diesen uralten, mittelalterlich anmutenden Stadtteil zwischen Bastille, Place de la République und Rue Beaubourg. Hier reihen sich kleine Läden, Galerien und Cafés aneinander. In seinem Herzen befindet sich das Judenviertel. Synagoge, hebräische Buchhandlung und Chez Marianne, eines meiner Lieblingslokale. Die besten Falafel gäbe es hier, so sagt man. Menschen stehen Schlange dafür. Ich setze mich in den kleinen Garten, der an eine Schule grenzt. Heiteres Kinderspiel. Lachen. Weinen. Schreien. Ich schaue mir die Menschen an. Orthodoxe Juden, Touristen, schwule Pärchen. Ich bestelle aus einem Überangebot an Mezze: Hummus, Baba Ganoush, pralle Oliven, Falafel, Tabulé, Fladenbrot. Ich trinke dazu Minztee. Herzerwärmend.
In den Läden des Marais findet man Dinge, die ich sonst nirgends finden kann. Besonderheiten. Raritäten. Ich betrete die Buchläden, obwohl ich Französisch nicht beherrsche. Aber ich inhaliere die Atmosphäre, rieche an den verstaubten Werken, lasse mich treiben, lese die Titel, die ich nicht verstehe. Formuliere im Kopf die französischen Worte. Nehme das ein oder andere Buch heraus. Ich blättere es durch. Ich stelle es zurück und bin froh. Bücher und Paris. Bücher in Paris. Ich werde Französisch lernen. Bald.

Die Gassen durch die ich schlendere heißen Rue des Rosiers, Rue Vieille du Temple, Rue des Blancs Manteaux. Ich werde nicht müde. Die Zeit verfliegt. Ich schaue über mich, um mich zu vergewissern, dass ich die Pariser Luft einatme. Ich lache. Es lacht in mir. Ich bin froh.

Paris verfügt über eine Vielzahl an Märkten. Ein Kleinod unter diesen ist der Marché des Enfants Rouges. Von der Straße aus nicht sichtbar, muss man wissen, wo man ihn finden kann. Man tritt über eine winzige Gasse ein und wird überwältigt von Gerüchen und Farben. Hier gibt es alles, was der Gaumen begehrt. Obst-, und Gemüsestände. Einen Bäcker, der zu den gewaltigen Klängen einer Oper aus dem Lautsprecher seine Crêpes backt. Baguettes, Croissants, Pain au Chocolat. Wundervolle Patisserie. Ein Weinhändler. Ein Marokkaner. Pralinen. Würste. Alles da. Alles duftet und benebelt die Sinne. Ich lasse mich hinreißen und kaufe ein. Olivenöl, Brot, Käse, Rotwein. Wie im Paradies. Ich bin in Frankreich. Ich trinke Champagner. Ich flaniere durch die Stunden des Tages. Ich atme frei durch. Ich lache. Es lacht in mir. Ich bin in Paris.
Morgens: Café Les Philosophes, 28 Rue Vieille du Temple. Herrliches Frühstück, knurrig-charmante Kellner. Lebendigkeit bis spät, wenn man will. Und Philosophieren.
Marché des Enfants Rouges, 39 Rue de Bretagne
Mittags: Restaurant Chez Marianne, 2 Rue des Hospitalières Saint-Gervais. Orientalisches Restaurant mit Terrasse. Falafel Take Away. Geschmack des Orients.
Abends: Restaurant Le Pétit Marché ,9 Rue de Béarn. Entzückendes kleines Restaurant im Norden des Place des Vosges. Kunst an den Wänden. Hübscher Kellner. Französische Küche. Den Aperitif genießt man in heiterer Stimmung auf dem Gehsteig.
Bar Au Petit Fer á Cheval, 30 Rue Vieille du Temple. Beste Bar. Winzig. Skurrile Typen. Im Hinterzimmer kann man auch essen.
Schlafen:
Hotel Pavillion de la Reine: 28 Place des Vosges. Noch träume ich nur von dieser noblen Herberge direkt am Place des Vosges.
Ferienwohnungen: Paris Autrement http://www.paris-autrement.com Wunderschöne, geschmackvolle und bestens gelegene Ferienwohnungen. Als ob man in Paris leben würde….
Es ist unglaublich mit welcher Leidenschaft der Autor diese Stadt und das Land
beschreibt. Das kann man wohl nur, wenn man eine Seelenverwandtschaft empfindet.
Weiter so. Ich warte schon gespannt auf den nächsten Beitrag
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