Audiovisuelles Schmuckstück 12/18

Ain’t got no home, ain’t got no shoes

Ain’t got no money, ain’t got no class

Ain’t got no friends, ain’t got no schooling

Ain’t got no work, ain’t got no job

Ain’t got no money, no place to stand

Ain’t got no father, ain’t got no mother

Ain’t got no childrens, ain’t got no sisters or brothers

Ain’t got no, ain’t got no faith

Ain’t got no church, ain’t got no god

Ain’t got no love

ain’t got no wife, no cigarettes

no clothes, no country,

no class, no schooling

no friends, no, nothing

Ain’t got no god

Ain’t got one more time

Ain’t got no earth, no .

no food, no home

i said ain’t got no clothes, no job

no, nothing. Ain’t got no what believe And ain’t got no love.

ohhh. But, What have I got?

oh, What have I got?

Let me tell you what i got!

Is Nobody take away

I got my hair on my head

my brains, my ears

my eyes, my nose

and my mouth, I got my smile.

I got my tongue, my chin

my neck, my boobs

heart, my soul

and my back, I got my sex.

I got my arms, my hands

my fingers, my legs

my feet, my toes

and my liver, got my blood.

I’ve got life,

I’ve got the life

I got a headaches, and toothaches

And bad times too, like you.

I got my hair, my head

my brains, my ears

my eyes, my nose

and my mouth, I got my smile.

I got my tongue, my chin

my neck, my boobies

my heart, my soul

and my back, I got my sex

I got my arms, my hands

my fingers, my legs

my feet, my toes

and my liver, got my blood.

I’ve got life, I’ve got my freedom,

my heart!

I’ve got life

https://youtu.be/L5jI9I03q8E

Milene

Wenn man eine Reise tut, kann man was erleben. Eine platte Redewendung. Wenn man eine Reise tut, dann eröffnen sich Welten, neue Bilder im Kopf, neue Erinnerungen, die wir in dunklen Tagen abrufen können, neue Klänge einer fremden Sprache formieren sich zu unverständlichen Konglomeraten, die uns eine Wohltat sind.

Eine Wohltat der ganz besondern Art ist das Buch „Milene“ der portugiesischen Schriftstellerin Lídia Jorge. Bevor ich die Reise nach Portugal antrat befragte ich die Suchmaschine meines Vertrauens (es ist nicht mehr Google) nach portugiesischer Literatur und vorgeschlagen wurde mir unter anderem sie: Lídia Jorge, eine der bedeutendsten portugiesischen Schriftstellerinnen der Gegenwart. Nach der Lektüre muss ich sagen, es handelt sich wohl eher um eine der bedeutendsten Stimmen der Weltliteratur. Ein Juwel. Eine Perle. Man sollte sie unbedingt lesen.

Worum geht es in „Milene“? Milene ist eine ganz besondere junge Frau. Sie ist anders und passt so gar nicht in ihre gutbürgerliche , wohlhabende, ja glamouröse Familie,  die schrumpft und immer kleiner wird. Nicht nur an Zahl, sondern auch an Herz. Das letzte Stück Herz der Familie Leandro scheint mit Milenes Großmutter zu Grabe getragen worden zu sein. Ausgerechnet bei der von den Leandros nur geduldeten kapverdischen Einwandererfamilie Mata, die die ungenutzte ehemalige Konservenfabrik „das Juwel“ bewohnt, findet Milene nach dem Verlust der Großmutter Trost, ein warmes Bett und ganz viel Zuneigung. Ausgerechnet zwischen Antonio Mata dem jungen, verwitweten Enkel der Patriarchin Ana Mata und Milene, dem eigenartigen Mädchen entspinnt sich eine  zarte Liebe, die alle Widerstände zu überwinden scheint. Es sind die Widerstände des Zweifels der Liebenden, vor allem aber die Widerstände, die sowohl auf der „schwarzen“ , als auch auf der „weißen“ Seite spürbar sind, die auf Farb-, Herkunfts-, und sozialen Unterschieden beruhen.

Das Buch ist ein Schatzkiste. Die Schätze bestehen aus poetisch reicher Sprache, ganz viel feinsinnigem Humor und einer präzisen psychologischen Zeichnung der Charaktere. Das Buch  trifft   den unschönen Zeitgeist und stellt sich die Frage nach Heimat, Fremdsein und dem, wie wir mit anderen, mit unseren Mitmenschen umgehen.

Ein Land eröffnet sich uns in erster Linie, wenn wir es bereisen und dann ganz bestimmt durch seine Kunst. Ich lege Euch diese Lídia Jorge ganz ganz eindringlich nahe. Portugal, Fernando Pessoa und sie sind mir schon ans Herz gewachsen.

IMG_6130

Lídia Jorge „MILENE“, erschienen bei Suhrkamp, aus dem portugiesischen von Karin Schweder-Schreiner.

Lissabonner Dichter

AUTOPSYCHOGRAFIE

von Fernando Pessoa, Er selbst

Der Dichter ist ein Täuscher,

Er täuscht so vollkommen vor,

dass der vorgetäuschte Schmerz ein Schmerz

ist, den er in Wirklichkeit empfindet.

Und die, die lesen, was er schreibt,

fühlen wohl den gleichen Schmerz

nicht die beiden, die er hatte,

sondern den, den sie haben.

Und so kreist auf den Schienen

und reißt im Spiel die Vernunft mit,

diese aufziehbare Eisenbahn,

die unser Herz genannt wird.

img_5698

FERNANDO PESSOA

13. Juni 1888 in Lissabon bis 30.November 1935 ebenda.

Er war einer der bedeutendsten portugiesischen Dichter des 20. Jahrhunderts. Als Mitherausgeber der Zeitschrift Orpheu läutete er die Moderne in Portugal mit ein. Er hinterließ ein umfangreiches und vielschichtiges Werk, das Fiktion, Theater, Essays, Literaturkritik und Philosophie umfasst. Als Dichter hob er sich jedoch besonders hervor. Er schrieb nicht nur unter seinem eigenen Namen, sondern schuf dutzende von Heteronymen, erfundene Dichter, wie Persönlichkeiten eines Dramas. Ein jedes Heteronym hat einen eigenen Namen, einen eigenen Lebenslauf, eine eigene Lebensphilosophie, einen eigenen Literaturstil.

Aus Lissabonner Dichter, zweisprachige Ausgabe, Herausgeber Lisbon Poets & Co, Lissabon 2018

Audiovisuelles Schmuckstück Herbst 18/1

Der Hirt

IMG_5327  

Obwohl einer meiner Lieblingsplätze der ist, an dem ich ein Buch in Händen halten kann, wandere ich sehr gerne in meiner Heimat umher. Auch wenn ich bei weitem keine Bergfex* bin, erfasst mich beim schweißtreibenden Erklimmen der (mir zugänglichen)schönsten Plätze Tirols die helle Freude. Ich liebe die urigen Wälder, die Bäche, die Ausblicke ins Inntal oder andere Seitentäler. Ich liebe das herzliche „Griast enk“ beim Aufeinandertreffen auch völlig unbekannter Gesichter. Ich liebe das Vogelgezwitscher, den frischen Wind, die Steine über die ich steige und das köstliche Essen oben auf der Alm. Trotz alldem sind diese kurzen oder längeren Ausflüge etwas Alltägliches. Heimat eben. Wir haben uns hier ein wenig an diesen Luxus gewöhnt. Dennoch habe ich heute einen Tag erlebt, der besondere Erwähnung verdient. Warum? Weil es sich bei unserem heutigen Ausflugsziel um eine Rarität handelt. Eine Rarität in mehrfacher Hinsicht.

Schon der Ausgangspunkt unserer Tour ist besonders. Vals. Innervals. Besonders einsam, besonders ursprünglich, besonders Tirol. Ein recht enges Tal, mit kleinen Kapellen und schönen Bauernhöfen. Das Tal läuft in einer breiten Wiese mit einigen Heustadeln aus. Nur eine kleine, enge Asphaltstraße führt bis dahin, wo es nicht mehr weiter geht. Es geht nicht weiter, weil die nun hochaufwachsenden, in den Himmel schießenden massiven Wände kein Weiterkommen mehr erlauben. Nur zu Fuß natürlich könnte man sich weiterkämpfen- bis auf den Olperer sogar, einen stolzen 3400er. Wir haben von diesem Ort, der Zeischalm schon gehört. Dort soll ein liebenswerter Hirt mit Hang zur Kunst nach dem Rechten und 50 Stück Rindern sehen. Wir passieren einen verzaubert scheinenden Erlenwald (die aussehen, wie Birken) mit kleinen Bächlein, Farnen und Moos und steigen dann langsam einen mächtigen Wasserfall zunächst immer vor Augen und dann schließlich nur noch im Ohr den steilen Hang im Lichtspiel des Waldes empor.

IMG_5312

Zweimal müssen wir Bäche kreuzen, die sich am Fuße von  gutmütigen Wasserfällen die über unseren Köpfen eher sanft abwärts tropfen angesammelt haben. Man hat uns die zahlreichen Wasserräder, die der Hirt mit großer Passion gebaut hat schon angekündigt. Manche drehen sich übermütig, manche stehen still und ignorieren bewegungslos das Wasser, das über ihnen hinweg rauscht. Ein unscheinbarer Weg zweigt ab und wir sehen nach noch einigen anstrengenden Metern unser Ziel vor Augen. Eine Alpe gesäumt von liebevoll angelegten Steinmauern, die, wie ein Tor einen Spalt für die Besucher offen lassen. Und dann kommen wir aus dem Staunen nicht heraus. Skulpturen aus Ästen und aus Stein geleiten den Weg zu den Gebäuden, die die Zeischalm bilden. Von weitem begrüßt uns der freundliche Hirt und eine Handvoll Gäste.

IMG_5318IMG_5328

Wir waren auf dem Weg herauf nur zwei Menschenseelen begegnet, man freut sich hier droben auf Besuch.  Man bietet uns einen Platz auf der Bank und einen Schnaps an. Man setzt sich zusammen und erzählt kurz. Woher man kommt, ob man diesen oder jenen kenne. Und dann berichtet der Hirt kurz aus seinem Leben. Das muss er wohl häufig im Sommer. Er tut es bereitwillig, so scheint es. Er habe immer nur hart gearbeitet, trotzdem sei er an jedem freien Wochenende vom Frühjahr bis in den Herbst und auch stets in den Ferien hier heraufgekommen. Auch seine Frau sei immer dabei gewesen. Nun in der Pension bleibt er den ganzen Sommer hier droben. Seine Frau kommt nur noch am Wochenende. („Zum Aufbetten“). Er hat lebendige Augen. Er hat weise Augen. Es scheint so, als habe er etwas verstanden, was viele nicht verstehen. Er hat verstanden, mit der Natur zu leben und sich zu begnügen.

IMG_5324Oftmals hat man den Eindruck, der Mensch sei nur Eindringling. Hier heroben auf der Zeisch ist alles in perfekter Harmonie. Jeder Stein, gefunden im unwegsamen Gelände und mühevoll heruntergeschleppt hat genau den Platz gefunden, der für ihn richtig ist. Einmal als nützlicher Alltagsgegenstand, einmal als Zierde. Gut versteckt hinter der Alm hat der Hirt eine kleine Kapelle gebaut. Ebenfalls dahinter, auf der anderen Seite, finden wir den Luxus einer Außendusche umgeben von einer kleinen Steinmauer vor.

Ein Stück weiter über der Alm eröffnet sich dann ein Platz, den man als magisch bezeichnen muss. Er könnte ebensogut weit im Norden, auf der schottischen Insel Skye etwa liegen, in Irland oder in einer längst vergangenen Zeit. Es könnte sich mit Phantasie um einen keltischen Kultplatz handeln. Ungern verwende ich in Zeiten des Baumumarmens  den esoterisch vereinnahmten Ausdruck „Kraftplatz“, doch es lässt sich hier gut sitzen und auf eine mächtige Bergwand vor und ins Valstal mit seinen wenigen Häusern hinter uns blicken. Es thront hier  stolz des Hirten prächtigstes Werk, ein vier Meter hoher Steinmann. Es lässt sich gut sitzen hier und schauen und atmen.

Es war ein schöner Tag  und ein besonderer. Ich denke nochmals über den Hirt nach. Was er uns über sein Leben erzählt hat, scheint am unwichtigsten. Unwesentlich. Nicht zum Wesen des Hirts gehörig. Was mir viel mehr von ihm erzählt ist sein Sein hier droben. Sein langsames Leben hier. Seine Distanz zur Welt. Sein Einssein mit der Natur. Er trägt an jenem Tag so und so viele Steine von da nach dort und baut eine Mauer, ein Kunstwerk oder ein Artefakt. Er hütet das Vieh. Er sitzt am Abend allein da droben und betet vielleicht. Er freut sich über Besuch, er ist stolz auf sein Königreich. Er, der Hirt ist hier der König, obwohl die Alm nicht einmal sein Besitz ist. Besitz ist hier aber nicht wichtig. Nicht Haben, sondern Sein. Er freut sich, wenn die Leute wieder gehen und wenn es still wird auf der Zeisch, so mutmaßen wir.

Dieser Ort zeigt, dass der Mensch und die Natur, dass der Mensch und die Welt gar nicht so schlecht zueinander passen, wenn der Mensch auf sie Acht gibt. Dieser Ort zeigt auch, dass man am wenigsten das ist, was man da unten ist im Alltagstrott und in der Geschwindigkeit der eiligen Zeit. Dieser Ort zeigt, wer man ist, wenn man Herkunft, Beruf, Sorgen und vielleicht sogar seine Geschichte wie Kleidungsstücke Schicht für Schicht abgelegt hat und nur das pure Dasein, das In-der-Welt-sein übrig bleibt. Dieser Ort zeigt, wie wenig der Mensch zum Leben braucht, damit er ist.

Aber es ist wahrscheinlich ein Trugschluss. Es ist nicht wenig, was der Mensch braucht. Es ist ein Viel. Es ist eine unendliche Kostbarkeit. Es ist unbezahlbar. Es ist so viel mehr.

IMG_5322IMG_5314

*Bergfex: typischer Bewohner der Tiroler Alpen. Verbringt den Großteil seiner Freizeit in den Bergen, wobei häufig die Anzahl der zurückgelegten Höhenmeter ausschlaggebend für den Erfolg oder Misserfolg der Bergunternehmung ist.

Audiovisuelles Schmuckstück J18

Unser audiovisuelles Schmuckstück des Monats Juli 2018

 

Audiovisuelles Schmuckstück J

Im Wandel bleibt sich alles gleich, sagt Heraklit. Brauchen wir die Veränderung oder wollen wir, dass alles immer so bleibt, wie es ist? Eine musikalische Reflexion darauf mit Death Cab for Cutie….

https://youtu.be/XTPZWG5eLf8

 

 

Freundschaft

FB_IMG_1526928391772

Max Frisch Fragebogen zur Freundschaft 

 

1.Halten Sie sich für eine gute Freundin?

            Gabi: Ja. 

            Rosi: Ja. Bin ich. Ich gebe viel von mir, verlange aber auch viel.

2.Was empfinden Sie als Verrat? 

            Gabi: ? Blöde Frage

            Rosi: besonders schwierig finde ich Situationen, in denen Beziehungen in die    Brüche gehen oder man  von Menschen verletzt wurde, wie sich dann Freunde positionieren und dass man diese Position aushalten muss. Verrat ist für mich, wenn man Positionen einnimmt und diese dann nicht offen legt.

           Gabi: stimmt! 

3.Wie viele Freunde haben Sie zur Zeit?

            Gabi: ca 5

            Rosi: 5-7 (Nähe ist Schwankungen unterworfen)

4.Halten Sie die Dauer einer Freundschaft (Unverbrüchlichkeit) für ein Wertmaß      der Freundschaft?

            Gabi:  ja, schon, ist aber kein Garant für Freundschaft.

            Rosi:  Wert und Schwierigkeiten steigen im Laufe der Zeit.

5.Was würden Sie einem Freund nicht verzeihen:

Doppelzüngigkeit?

            Rosi:  niemals! (Bin aber auch keine Heilige)

            Gabi:  kann ich mir selbst schlecht verzeihen           

….dass er Ihnen einen Mann ausspannt?

            Gabi: das könnte ich sehr schlecht verzeihen, obwohl ich vielleicht versuchen        würde, es zu verstehen

            Rosi: kann man allerdings oft erst Jahre später beurteilen

dass er Ihrer sicher ist?

            Rosi: find ich eigentlich schön, was soll daran unverzeihbar sein?

            Gabi: nein,wieso?

Ironie auch Ihnen gegenüber?

            Rosi:kann ich schlecht ertragen, aber trotzdem verzeihen

           GabiNein, kann ich aushalten

….dass er keine Kritik verträgt?

            Gabi: kann ganz schön anstrengend werden

            Rosi: Oh! Das macht´s schwer!

…..dass er Personen, mit denen Sie sich verfeindet haben, durchaus schätzt und gerne mit ihnen verkehrt?

            Rosi: ist für mich ein großes Problem, ich arbeite daran

            Gabi: ich kenne keine Verräter und Feinde

……dass Sie keinen Einfluss auf ihn haben?

            Rosi: ich glaube, diese Möglichkeit kann man unter Freunden ausschließen.

            Gabigar keinen Einfluss wär komisch. 

6. Möchten Sie ohne Freunde auskommen können?

            Rosi: Manchmal, wenn ich mich unverstanden fühle. 

            Gabi: Nein, stelle ich mir nicht schön vor. 

7. Halten Sie sich einen Hund als Freund? 

            Gabi: Ja. Den besten der Welt

            Rosi: Nein, eine Katze.

8. Kennen Sie Freundschaft mit Männern:

vor Geschlechtsverkehr?

            Rosi: irgendeine Form von Beziehung und Zuneigung ist immer da, auch wenn  diese            flüchtig sein kann

            Gabija natürlich

nach Geschlechtsverkehr? 

            Rosi: Ja und nein 

            Gabi: ja, sicher (wenn ich mich nicht mit ihm zerstritten habe)

ohne Geschlechtsverkehr?

            Rosi: haufenweise, sodass ich mich frage, kann da was nicht stimmen?:-))

            Gabi: ja sowieso, kenn ich 

  9. Was fürchten Sie mehr? Das Urteil von einem Feind oder von einem Freund?       Warum?

            Rosi:  Wenn die Urteile ehrlich und gerechtfertigt sind, kann man an ihnen   wachsen, egal ob von Freund oder Feind.

            Gabi:  Urteile von Freunden sind mir wichtiger, aber wozu fürchten? Und Feinde habe  ich nicht…

  10. Gibt es Feinde, die Sie insgeheim zu Freunden machen möchten, um sie müheloser verehren zu können? 

            Gabi:  ? Nein !total blöde Frage

            Rosi: Feind bleibt Feind

11. Wenn jemand in der Lage ist, Ihnen mit Geld zu helfen, oder wenn Sie in der Lage sind, jemand mit Geld zu helfen: sehen Sie darin eine Gefährdung der bisherigen Freundschaft?

            Gabi: ja. Geld ist immer ein schwieriges Thema. Werde ich ausgenützt, ist die    Freundschaft in Gefahr.

            Rosi: Geld und Freundschaft sollte man nicht mischen. Heikel!   

12. Wie viel Aufrichtigkeit von einem Freund ertragen Sie in Gesellschaft oder schriftlich oder unter vier Augen?

            Gabi: vertrage ich gut, finde ich wichtig. In Gesellschaft könnte er sich ruhig ein   bisschen  zusammenreißen, ansonsten wünsche ich mir Aufrichtigkeit. Ich erwarte keine Schonung, nur weil man  befreundet ist. Schriftlich immer gerne, unter vier Augen am besten.

            Rosi: ich erwarte und wünsche mir Ehrlichkeit und dann kommt es auf die Umstände an.

13. Worauf sind Sie aus dem natürlichen Bedürfnis nach Freundschaft öfter hereingefallen:

auf Schmeichelei?

           Gabi:Vielleicht

           Rosi:ich glaube, dafür habe ich eine Schwäche, aber könnte glaub ich sehr schnell Lüge von Aufrichtigkeit  unterscheiden.

auf Landsmannschaft in der Fremde?

           Gabi:schon mal

           Rosi:ja, das kann ein seltsames Band sein, muss sich dann aber in der Heimat     bewähren.

auf die Einsicht, dass Sie sich eine Feindschaft in diesem Fall gar nicht leisten können, z.B. weil dadurch ihre berufliche Karriere gefährdet wäre?

          Gabi: Nö. Wieso man bloß immer mit irgendjemandem verfeindet sein sollte??

          Rosi: ich bin viel zu impulsiv, als dass ich aus Kalkül Freundschaften eingehen  könnte.

auf Ihren eigenen Charme?

         Gabi:?Nein

         Rosi: wie fällt man aus seinen eigenen Charme herein?

weil es Ihnen schmeichelt, wenn Sie jemand, der gerade Ansehen genießt, öffentlich als Freund bezeichnen können (mit Vornamen)?

         Gabi: Pfff.(lacht) auf jeden Fall …

         Rosi: darum erwähne ich meine Freundschaft mit G. nicht oft genug   (lacht auch…)

auf ideologisches Einverständnis?

         Gabi: Schon eher

         Rosi: ist das etwas, worauf man „hereinfällt“?

14. Wie reden Sie über verlorene Freunde?

         Gabi: mit Wehmut? verlorene Freunde machen mich meistens traurig.Ich finde es schade, Freunde zu  verlieren.

         Rosi:ist immer traurig und unangenehm und wie ein Stachel im Fleisch. Ich emfinde echt gute Freunde im  Leben  hinter sich lassen zu  müssen als schmerzhaft, habe aber auch schon so etwas,  wie Befreiung erlebt, denn nicht jede Freundschaft erweist sich immer als  wohltuend.

15. Gibt es Freundschaft ohne Affinität im Humor?

        Gabi: gibt es schon, aber viel wunderbarer ist es doch, wenn man denselben            Humor hat.

        Rosi: das ist das Beste (oder Gabi?)

16. Was halten Sie ferner für unerlässlich, damit Sie eine Beziehung zwischen zwei Personen nicht bloß als Interessen-Gemeinschaft, sondern als Freundschaft empfinden:

       Gabi: Wohlgefallen am andern Gesicht

       Rosi: mir gefallen meine Freunde alle! Ich finde sie schön.

…dass man sich unter vier Augen einmal gehenlassen kann, d.h. das Vertrauen, dass nicht alles ausgeplaudert wird

       Gabi: ja das gehört dazu

       Rosi: ganz bestimmt!

politisches Einverständnis grosso modo

       Rosi: je älter ich werde, umso wichtiger wird mir das.

       Gabija doch, sonst wird es schwierig, oder?

…dass einer den andern in den Zustand der Hoffnung versetzen kann nur schon dadurch, dass er da ist, dass er anruft, dass er schreibt

       Rosi:ja Freunde sind Menschen, die Hoffnung tragen und mit sich bringen

       Gabi: ja, hach wie romantisch

Nachsicht

      Rosi & Gabi: sicher!

Mut zum offenen Widerspruch, aber mit Fühlern dafür, wieviel Aufrichtigkeit der andere gerade noch verkraften kann, und also Geduld

      Rosi: wäre schön, da verlangt man aber auch viel!

     Gabi:ja das finde ich wichtig

…dass man dem andern ebenfalls Geheimnisse zubilligt, also nicht verletzt ist, wenn etwas auskommt, wovon er nie gesprochen hat

      Rosi:Hm….

      Gabi: tja…

Verwandtschaft in der Scham

       Rosi:? Schöner wäre Verwandtschaft der Seele

wenn man sich zufällig trifft: Freude, obschon man eigentlich gar keine Zeit hat, als erster Reflex beiderseits

      Rosi: wenn das nicht der Fall ist, handelt es sich wohl nicht um  Freundschaft

      Gabi: genau!

dass man für den andern hoffen kann

       Rosi: absolut!

       Gabi:ja klar

die Gewähr, dass der eine wie der andere, wenn eine üble Nachrede über den andern im Umlauf ist, zumindest Belege verlangt, bevor er zustimmt

       Rosi: das wäre schön. Ich würde solche Belege für meine Freunde verlangen! Ich habe sowieso so etwas wie einen angeborenen Reflex andere immer verteidigen zu müssen.

      Gabi:ja das fände ich auch schön.

Treffpunkte in der Begeisterung

       Rosi: das wäre herrlich, aber auch sich an der Begeisterung seines Freundes  zu freuen ist für beide wunderbar, oder?

      Gabija, genau!

Erinnerungen, die man gemeinsam hat und die wertloser wären, wenn man sie nicht gemeinsam hätte.

       Rosi:j a das schweißt zusammen, ohne Frage

Dankbarkeit

        Rosi: für die Freundschaft? Wertschätzung fände ich ein besseres Wort.

…dass der eine den andern gelegentlich im Unrecht sehen kann, aber deswegen nicht richterlich wird

        Rosi: das muss aber ein guter Mensch sein, der das alles kann…

Ausfall jeder Art von Geiz

        Rosi: Geiz ist eine Eigenschaft, die ich gar nicht mag.

  …dass man einander nicht festlegt auf Meinungen, die einmal zur Einigkeit führten, d. h. dass keiner von beiden sich ein neues Bewusstsein versagen muss aus Rücksicht? (Unzutreffendes streichen.)

        Rosi: ja, das müsste möglich sein. Aber kann zu Konflikten führen, glaub ich.      

        Gabi: Ja,das alles!       (Rosi zu Gabi: ist das faul oder pragmatisch? Lacht!)

17. Wie groß kann dabei der Altersunterschied sein?

       Gabi: Hmm. Der ist egal, oder? Meine Freunde sind allerdings meist nicht viel älter oder jünger als ich…

       Rosi: Alter spielt für eine Freundschaft keine Rolle. Ich habe Freunde, sie sind 20 (oh Gott! Jahre jünger und 10 Jahre älter. )

18. Wenn eine langjährige Freundschaft sich verflüchtigt, z.B. weil die neue Gefährtin eines Freundes (oder umgekehrt) nicht zu integrieren ist: bedauern Sie dann, dass Freundschaft einmal bestanden hat?

            Gabi: Nein. Ich bin traurig darüber

            Rosi: Man tendiert vielleicht als Mensch im Allgemeinen dazu Dinge und Menschen            abzuwerten, damit man den Verlust besser erträgt…

19. Sind Sie sich selber ein Freund?

           Gabitja, ich würde sagen, wir freunden uns gerade an

           Rosi: ja, ich versuche es und halte es für essentiell (und es macht das Leben       leichter!) 

20. Woher weiß ich, dass mich jemand um meiner selbst willen zum Freund will oder ob er irgendwelche Interessen verfolgt?

            Gabi: ja, das möchte ich auch sehr gern wissen. Da bin ich bei neuen  Freundschaften immer sehr vorsichtig und es dauert lange, bis ich  jemandem wirkliches Vertrauen schenke.

            Rosi: ich weiß nicht, von welchem Nutzen ich jemandem sein könnte, denn als  Freundin?

 

Resumeé:

Gabi und Rosi sind seit Jahren gute Freundinnen. Sie denken mit Hilfe von Max Frisch Fragebogen gemeinsam über Freundschaft nach. Sie waren ganz schön gefordert. Besondere Schwierigkeiten bereiten Gabi Ausdrücke wie Feind oder Verrat, die sie nicht unbedingt in Zusammenhang mit Freundschaft bringen würde. Sie freuen sich aber, dass sie sich in so vielen Dingen einig sind. Freundschaft eben!

 

 

IMG_20180601_192050

Audiovisuelles Schmuckstück A

Unser audiovisuell-poetisches Schmuckstück im April

 

Little Fly,
Thy summer’s play
My thoughtless hand
Has brushed away.

Am not I
A fly like thee?
Or art not thou
A man like me?

For I dance
And drink, and sing,
Till some blind hand
Shall brush my wing.

If thought is life
And strength and breath
And the want
Of thought is death;

Then am I
A happy fly,
If I live,
Or if I die.

William Blake (1757-1827)