Der Gin des Lebens I

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Sinn im Leben

Was gibt Deinem Leben Sinn? Gibt irgendetwas Deinem Leben Sinn? Menschen stellen sich mitunter Fragen, selten bekommen sie antworten. Sehr selten die Antworten, die sie gerne hören würden, darum hören sie am besten weg oder gar nicht erst hin. Übrig bleibt dann eine sehr kleine Anzahl von Leuten, die sich mit den großen Fragen des Lebens beschäftigt. Wozu Existenz? Wozu dieses beschwerliche Ein-, und Ausatmen, dieses wiederholte Bergaufgehen und die damit verbundene Atemlosigkeit, die der Alltag einem abverlangen kann. Wozu arbeiten? Wozu lieben? Wozu sich sehnen? Wozu hoffen? Wo wir doch just von dem Moment an, in dem wir das Licht der Welt erblicken unumkehrbar auf unser Ende zusteuern. Zwischen Geburt und Tod herrscht Mühsal und, wenn wir Glück haben, blicken wir auf einige berauschende, erhebende, lustvolle und leichtfüßige Momente. Sinn ist aber nicht gleich Glück. So kann jemand durchaus Sinn im Leben finden, ohne dabei glücklich zu sein. Und umgekehrt. Angenommen, allein sich die Frage zu stellen, stiftete schon Sinn. Bingo, dann sind wir dabei, du und ich. Weil ich die Schnapsidee hatte, und da kommt die Sprache schon auf den Gin, diesen Text zu schreiben und du, weil du dich bis hierher durch denselben gequält hast. Blicken wir doch einmal auf das, was Sinnforscher als sinngebende Kategorien klassifizieren. Stopp. Vorher. Schließ doch einmal die Augen. Frage dich: empfinde ich mein Sein als sinnvoll? Was ist es, was den Sinn beschert? Dir fällt etwas ein? Deine Kinder? Dein Partner? Deine aufopferungsvolle ehrenamtliche Tätigkeit? Dein Hund? Dein Kontostand? Gratuliere. Du könntest dir jetzt schon einen Gin Tonic mixen und dich zufrieden und selbstgerecht zurücklehnen. Gehörst Du aber zu jenen, bei denen das nicht so klar ist, weil du über keine Kinder, keinen Partner, keine Haustiere oder kein entsprechendes Bankkonto verfügst? Ha! Falle. Fällt Dir etwas auf? Hier dreht sich ganz viel um Haben und nur sehr wenig um Sein. Trotzdem. Ich will mir nicht anmaßen, an dieser Stelle  gute oder schlechte Motive eines erfüllten Lebens zu werten. Denn, ehrlich gesagt, es geht uns doch wirklich nichts an, wie unsere Mitmenschen zu ihrem Sinn kommen. Sollte dir jetzt gar nichts einfallen, findest du hier vielleicht die Inspiration: was vor allem anderen ein sinnvolles Leben garantiert, so die Wissenschaftler, ist die sogenannte Generativität. Das bedeutet, etwas zu schaffen, das man von sich an die nächste Generation weitergibt. Etwas das bleibt. Von Dir. Von uns. Kinder, Kunst, sportliche Leistungen. Ein Oscar. Ein Nobelpreis. Etwas, wovon man noch lange reden wird. Etwas. Ein „Sich-unsterblich-machen“. Ein „In-die- Geschichte-eingehen“. Am zweithäufigsten nennen Menschen Religiosität bzw. Spiritualität als fundamental in ihrem Leben. Religion als Halt, als Kraftplatz, als Fallnetz. Für einige von uns absurd. Oder egal. Oder nicht mehr en vogue. Und andersherum können tief religiöse Menschen es sich nicht vorstellen, wozu man denn lebte, wenn nicht, weil es etwas Größeres, Besseres, Gütigeres gäbe, das uns, die Welt, die Gestirne und die Aktien leitet. Religion ist ungesund. Atheisten, Agnostiker oder religiös Desinteressierte beschäftigen sich vielleicht lieber mit ihrem Ego (oder wertfreier ausgedrückt mit der Selbsterkenntnis), ihrer Gesundheit oder suchen Ruhe und Sinn in der Natur. Der Mensch stellt sich Herausforderungen, forscht, ist neugierig, trägt zum Fortschritt und  Entwicklung bei oder ist freiheitsliebender Idealist oder Individualist. Er kann kreativ sein, ein Schöpfer oder Schaffender. Von Natur aus strebe der Mensch, sagt unser Freund Aristoteles, nach Wissen. Das Leben bietet einiges, die Welt, wenn wir uns furchtlos hinaus wagen, erzählt uns jeden Tag Geschichten und Mythen, deren Teil wir wagemutig selbst sein könnten. So Sinn, so gut. Doch was ist mit denen, die keinen Sinn im Leben finden? Hier muss unterschieden werden zwischen solchen, die zwar auf der Suche sind und sich auf den Weg machen, die aber leer und stumpf und auf Grund des Vakuums, das sie vorfinden, todunglücklich sind und jenen, die das nicht weiter kümmert. Die erstere Haltung, dieser Zustand hat etwas zutiefst Romantisches und Melancholisches. Wir erinnern uns an Romanhelden, Nihilisten oder an Sisyphos. Auch wenn die Hoffnungslosen sich selbst in einer permanenten Sinnkrise wahrnehmen, so schreiben wir ihrem Leben doch den Sinn der mühseligen Sinnsuche zu. Die Zweiteren aber, sind das nicht die eigentlich Bemitleidenswerten (oder die wahrhaft Glücklichen, ja die Seligen, wie man will), denen der Lebenssinn verborgen bleibt, denen diese Tatsache aber keine schlaflosen Nächte bereitet? Es ist ihnen schlicht egal. Man nennt diese Menschen existentiell indifferent. Wie furchtbar, sage ich. Welches Elend für diese und welche Not für unsere Gesellschaft. Ich sage, nein zur Sinnlosigkeit, ja zur Sinnkrise, die sich außer mit guten Gesprächen, hervorragender Literatur, Streunen in der Natur, Beten, Herumtreiben in schäbigen Nachtlokalen oder dem Schreiben von Gedichten auch noch mit einem kühlen und liebevoll zubereiteten Gin Tonic gut durchstehen lässt. Ein gutes Leben macht Sinn. Manchmal macht der Gin diesen Sinn. Doch dazu das nächste Mal mehr.

 

Zur Vertiefung sei empfohlen: http://www.sinnforschung.org

Eine Liebesgeschichte

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Es gibt in deinem Leben eine notwendige Bedingung. Dein Untergrund und Überbau. Dein Fels in der Brandung. Geerdet, doch den Kopf in den Wolken. Deine Höhle, dein Rückzugsort, dein Hafen. Seit du denken kannst. Denken. Kein Denken ohne Sprache. Keine Sprache ohne Worte. Kein Leben ohne Denken. Kein Leben ohne Worte. Doch sag  mir, warum ist das so? Erkläre es mir. Bitte. Ich höre zu.

Na gut, dann versuch ich es. Ich liebe Bücher seit ich denken kann. Seelennahrung. Warum ist das so? Leute fragen mich, was wünschst Du Dir? Ein Buch, dieses Buch, diese Bücher. Den ersten Teil, den nächsten und den letzten. Am liebsten in Leder gebunden und mit Bändchen. Meine Schätze. Ein Platz für die Heiligtümer, ein Schrein. Ein Platz für jedes Buch. Bei mir. In meiner Nähe. Doch warum? Warum ist das so? Es gibt so viele Gründe, Bücher zu lieben. Für ihre Schönheit, ihren Duft, den Glanz, den sie abstrahlen. Beständigkeit. Unerschöpfliches Lieblingsthema. Welche Bücher würdest Du auf eine einsame Insel mitnehmen? Was liest Du gerade? Kennst Du dieses Buch? Eine Obsession. Warum und wofür? Die Ehrfurcht vor der Gabe, Geschichten zu erfinden? Geschichten in wundervolle Sätze zu kleiden, in das Gewand der Poesie zu hüllen? Es ist Liebe und Leidenschaft zu dieser Gabe und deren Produkt. Hingabe. Sich verlieren. Nach einem Satz innehalten und tief Luft holen, ihn dann wiederholen, ihn flüstern, ehrfürchtig, weil er so schön ist. So ein schöner Satz. Sprache, die sprachlos macht. Man ist dankbar, für diesen einen Satz. Ein Geschenk. Ein Satz, der alles, was man spüren, hoffen, wünschen, verfluchen oder beweinen kann, wofür uns die Worte fehlen, so einfach ausdrückt. Ein Satz, der fliegt, schwerelos, der uns mitten hinein wirft in eine andere Welt, eine andere Zeit, einen anderen Weg. Der eine Tür öffnet in ein Abenteuer. Der uns eintauchen lässt in ein Leben und ein Schicksal. Ein Satz, der uns mit Menschen verbindet, deren Geschichte wir miterleben, begleiten oder beobachten, ohne einzuschreiten. Die wir nicht ändern können, auf die wir keinen Einfluss haben, aber mitleiden, mitfühlen, mitweinen und uns mit ihnen freuen, das tun wir. Wir sind nur Zuschauer. Voyeure. Dennoch unverzichtbar. Ohne uns werden die Gestalten nicht lebendig. Wir hauchen ihnen Leben ein. Es gibt Figuren, die ich gerne mag, und welche, die ich verabscheue. Manche erlebe ich als gute Freunde. Ich kenne sie. Ihre Gedanken. Ihre Abgründe. Ihre besten Seiten und ihre größten Schwächen. Und plötzlich sind dann ihre Hoffnungen, ihre Auswege, ihre Rettungen die meinen. Ich tauche ein in eine fremde und finde mich unvermittelt in meiner eigenen Geschichte wieder. Ich erinnere mich an dieses Gefühl, diese Freude, diese Angst, diese Verzweiflung, diese Sehnsucht. Ich erlebe mich in dieser fremden Geschichte und bin mir plötzlich ganz nah. Ich freue mich, ich weine, ich seufze, ich fröstle, ich lache laut auf, ich lächle. Dieser Satz, diese grandiose Anordnung von Sätzen zu einer Person, einem Ort, einer Biographie, einer Landschaft oder einem Traum bringt mich zum Träumen, zum Hoffen und Pläne schmieden. Diese Geschichte ermutigt und entmutigt mich, lässt mich verzweifeln und mich zusammenreißen. Dieses Buch ermöglicht mir die Flucht und das Heimkehren. Ich wandle zwischen Traum und Wahrheit, es vermischen sich die Welten. Außen. Innen. Außen. Weißt Du, es gibt Bücher, die dich retten können. Retten vor der Welt und retten vor dir selbst. Eintauchen. Verschwinden. Rasten. Kraft schöpfen. Auftauchen und Luft holen. Teure Freunde. Treue Freunde. Es gibt Sätze, die immer in mir nachhallen werden. Die in mir schwingen und mich zum Schwingen bringen, die eine Melodie in mir erklingen lassen. Literatur ist meine Musik. Ein Roman meine Symphonie. Ein Gedicht mein Lied. Ich kann schöne Worte schmecken und riechen. Bücher machen und halten mich lebendig. Ich lerne mit, wachse und scheitere an ihnen. Verstehst Du das? Komm, ich lese Dir vor. Setz Dich neben mich. Das wäre schön.

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Bücher, die wir mögen:

Erfüllung:  ALEX CAPUS  „Léon und Louise“ , Hanser Verlag . Eine Liebe in einem Jahrhundert der Kriege. Ein Paar, das an der Liebe festhält und sich der Zeit widersetzt. Verzweiflung: ALBERT COHEN  „Die Schöne des Herren“, Klett-Cotta. Anfängliche Lust wird zur Qual. Geheimtipp!

Für Kinder :  MICHAEL ESCOFFIER  (Autor) und MATTHIEU MAUDET (Illustrator) „Bitte aufmachen“ ab 2 bis 4 Jahren, wobei: das Vergnügen dieses Buch zu lesen kennt keine Altersgrenze.

Kunst/Fotografie: AUGUST SANDER „Menschen des 20. Jahrhunderts“, Schirmer/Mosel-Verlag. Eine fotografische Kulturgeschichte in 600 Portraits.

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Wir halten uns sehr gerne in diesen Buchhandlungen auf:

Buchhandlung HAYMON in Innsbruck: der Garten Eden der Buchläden. Exotisch, elegant, bunt, vielfältig. Klassiker neben Neuerscheinungen. Dezent und pompös. Alle Bücher können auch auf der zugehörigen Webseite online bestellt und erworben werden. Sparkassenplatz 4, 6020 Innsbruck http://www.haymonbuchhandlung.at

SAUTTER UND LACKMANN im Herzen Hamburgs. Kunst, Architektur, Film, Fotografie, Design, Mode, darstellende Künste. Admiralitätstraße 71/72
20459 Hamburg

Das PHIL in Wien. Bücher, DVDs, Platten, Getränke, Essbares. Das Phil ist kein Buchladen, sondern ein Ort. Ein Ort zum Sein. Und die Bücher, die man dort erwerben kann, wollen unbedingt gelesen werden, so die Betreiber. Gumpendorfer Straße 10 – 12  1060 Wien

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Audiovisuelles Schmuckstück O

Unser audiovisuelles Schmuckstück im Monat Oktober

Phänomenologie des Laufens

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wie sich laufend beim laufen mein blick

nach innen dann nach außen

dann nach innen dann nach außen. richtet.

mein atem. getragen. meine füße. tragen. gedankenflut.

unter meinen füßen. der asphalt. mein keuchen. ein brennen. mein brennen. innen.

ein baum. ein kirchturm. außen. ich atme. in der kehle. innen.

vögel ziehen über mich hinweg. außen. klänge aus meinen kopfhörern dringen ein.

von außen nach innen. mein blick nach innen. ein gedanke. lauschen.

ich schmecke. das salz. mein schweiß. außen. auf meiner haut. die wahrnehmung. innen.

laufen. atmen. freude. atmen. laufen.

laufend beim laufen den blick

nach innen dann nach außen

dann nach innen dann nach außen. richten.

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Für die einen ist es eine Droge, für die anderen die reinste Qual. Wir denken, dass Laufen ganz schön sein kann. Im Hinterkopf hallen die gut gemeinten, aber demotivierenden Hinweise der Fitnessgurus: mindestens eine Stunde, mindestens drei mal pro Woche, mit genau dieser Pulsfrequenz, sonst bringt das überhaupt nichts. Weil wir aber gar nichts anderes anstreben, als uns wohl zu fühlen und Freude zu haben, halten wir uns nicht an diese Ratschläge. Wir ziehen uns die Laufschuhe an und gehen raus. Unser Ziel ist nicht Leistung, Kalorienverbrauch, Gewichtsreduktion, ein Marathon, ein gestählter Körper, Attraktivität oder gar Konkurrenzfähigkeit. Wir laufen los und beobachten einmal, was uns so begegnet. Innen und außen. Wie spannend das sein kann! Wir tun unserem Körper und unserem Geist, dieser obskuren, geheimnisvollen Einheit etwas Gutes, indem wir ihm einfach einmal Beachtung schenken. Ihn gebrauchen. Wir spüren uns, unsere Muskulatur, die Füße, die uns tragen, unseren Atem, unseren Herzschlag. Wir spüren den Luftzug, der an uns vorüberzieht. Den Wind oder den Sturm. Wir können unseren Geist befreien, von lästigen Gedanken oder uns den Gedanken laufend hingeben. Einmal zuschauen, wohin sie uns so treiben und uns dann von ihnen treiben lassen. Wir können unsere Nachbarschaft erkunden, laufend, die Häuser, die Menschen, die Tiere, die Pflanzen, das Licht, das Schattenspiel, den Wechsel der Jahreszeiten, die Wetterlagen, die Tageszeiten. Wir können dabei laut Musik  oder in uns hinein hören. Oder nicht. Jeder Lauf ist einzigartig. Wir können unseren Seelenzustand erkunden, das Helle, das Dunkle, den Zorn und die Wut weglaufen. Uns von Freude und Glückseligkeit antreiben lassen, von einem Rhythmus, einem Beat.Laufend tanzen. Das Laufen als Tanz. Oder? Die Leere in unserem Kopf genießen. Die gute Nachricht: wir müssen gar nicht oft und viel und lange laufen, um gesünder zu werden, gesund zu bleiben und um unser Gutes Leben zu verlängern.  Wir können also ganz entspannt sein. Laufen, wie oft oder wie wenig wir wollen. Langsam, schnell, nur nicht zu viel. Lauft ohne Zweck, lauft um des Laufens Willen. Sonne im Gesicht und Rückenwind.

 

Optimal Dose of Running for Longevity: Is More Better or Worse? http://bit.ly/2bSnQHT via @jaccjournals

Audiovisuelles Schmuckstück S

Unser audiovisuelles Schmuckstück im Monat September

 

Auf der Webseite thewildernessdowntown.com könnt Ihr Euer persönliches Musik-Video gestalten, indem Ihr Euren Lieblingsort eingebt. Eine technisch schwierige Mischung aus Google Maps, Streetview-Bildern und den Laufszenen des Arcade Fire Clips zaubert ein großartiges interaktives audiovisuelles Schmuckstück.

Paris I

 

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Spaziergang durch das Marais

Ich habe sagen hören, man stamme nicht von dem Ort, wo man geboren, sondern wo man wiedergeboren wurde.

Beim ersten Aufenthalt schon stellte sich unmittelbar ein Gefühl der Vertrautheit ein, obwohl mir diese große und prächtige Stadt noch völlig fremd und unbekannt war. So als ob ich hier schon einmal gewesen wäre. Es funkte. Sofort. Und seither begleitet mich zu jeder Zeit und in jedem Augenblick eine Sehnsucht und ein Verlangen, möglichst rasch zurückzukehren. Ich kann Paris zwar immer und überall herbeiholen. In Gedanken. Mit Erinnerung und Phantasie. Doch richtig fühlt es sich nur an, wenn mein Herz nicht nur für, sondern auch in Paris schlägt und ich die Pariser Luft einatmen kann. Mit Leib und Seele hier sein.

Der erste Platz, der erste Ort, den ich immer sofort aufsuche, ist der königliche Place des Vosges im Herzen des Marais. Er ist von zinnoberroten dreigeschossigen Palais mit Arkaden gesäumt. Ich betrete den von einem schmiedeeisernen Zaun umgebenen Park und setze mich auf die Wiese. Um mich herum fröhliche Ausgelassenheit. Stimmengewirr aus Französisch und Sprachen aller Herren Länder. Ich blicke in den Himmel über mir, den Pariser Himmel und bin froh. Ich lache. Es lacht in mir. Ich bin da.

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Die Attraktionen, die man in Paris besuchen und bestaunen kann sind unzählig. Ein Aufenthalt reicht nicht aus, nicht zwei oder drei. Ich habe fast alle wichtigen Museen, Kirchen, Brücken, Aussichtsplätze und Stadtteile besucht. Bin auf Türme und Dächer gestiegen. Kunst und Kultur. Die Oper, Jazzclubs, Bars, Restaurants. Die Dinge, die man in dieser Stadt gesehen haben muss, sind schier unerschöpflich. Doch was mich berührt sind nicht unbedingt die Bauwerke, die Kunstschätze, die Sehenswürdigkeiten. Es ist vielmehr das Ganze. Das Fluidum. Die Gesamtheit der Schönheit der Welt scheint in dieser Stadt konzentriert. Die Weite der Jardins des Tuileries und der Champs-Élysées, die Paläste, die Seine mit ihren tausend Brücken. Kathedralen. Breite Boulevards und enge Gässchen. Der Blick nach Montmartre. Und immer von jeder Stelle aus der Eiffelturm, der mir versichert, nicht verloren zu sein. Eiserner Wegweiser.

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Was mich berührt ist die Lebenslust der Pariser, die sich darin zeigt, wie sie ihren Café Crème ob in der Sonne oder im Regen, bei jeder Witterung eng an einander gedrängt, plaudernd, vor einer der unzähligen Bars genießen. Wie sie essen, wie sie trinken, wie sie sich kleiden. Ihre Gesten. Wie Männer ihre Freunde mit einem Kuss begrüßen, sich umarmen. Wie Frauen ihre Weiblichkeit  mit Spitze, Transparenz und roten Fingernägeln zur Schau stellen. Emotionen sind hier Lebensart. Herz. Feuer. Lebendigkeit. Paris hat nicht Charme, Paris ist Charme. Paris ist nicht verzaubert, es ist der Zauber. Und ich bin die Verzauberte.

Vom Place des Vosges und dessen Weite streune ich nun weiter durch die engen Gässchen des Marais. Ich bräuchte eigentlich kaum mehr von dieser Metropole, als diesen uralten, mittelalterlich anmutenden Stadtteil zwischen Bastille, Place de la République und Rue Beaubourg. Hier reihen sich kleine Läden, Galerien und Cafés aneinander. In seinem Herzen befindet sich das Judenviertel. Synagoge, hebräische Buchhandlung und Chez Marianne, eines meiner Lieblingslokale. Die besten Falafel gäbe es hier, so sagt man. Menschen stehen Schlange dafür. Ich setze mich in den kleinen Garten, der an eine Schule grenzt. Heiteres Kinderspiel. Lachen. Weinen. Schreien. Ich schaue mir die Menschen an. Orthodoxe Juden, Touristen, schwule Pärchen. Ich bestelle aus einem Überangebot an Mezze: Hummus, Baba Ganoush, pralle Oliven, Falafel, Tabulé, Fladenbrot. Ich trinke dazu Minztee. Herzerwärmend.

In den Läden des Marais findet man Dinge, die ich sonst nirgends finden kann. Besonderheiten. Raritäten. Ich betrete die Buchläden, obwohl ich Französisch nicht beherrsche. Aber ich inhaliere die Atmosphäre, rieche an den verstaubten Werken, lasse mich treiben, lese die Titel, die ich nicht verstehe. Formuliere im Kopf die französischen Worte. Nehme das ein oder andere Buch heraus. Ich blättere es durch. Ich stelle es zurück und bin froh. Bücher und Paris. Bücher in Paris. Ich werde Französisch lernen. Bald.

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Die Gassen durch die ich schlendere heißen Rue des Rosiers, Rue Vieille du Temple, Rue des Blancs Manteaux. Ich werde nicht müde. Die Zeit verfliegt. Ich schaue über mich, um mich zu vergewissern, dass ich die Pariser Luft einatme. Ich lache. Es lacht in mir. Ich bin froh.

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Paris verfügt über eine Vielzahl an Märkten. Ein Kleinod unter diesen ist der Marché des Enfants Rouges. Von der Straße aus nicht sichtbar, muss man wissen, wo man ihn finden kann. Man tritt über eine winzige Gasse ein und wird überwältigt von Gerüchen und Farben. Hier gibt es alles, was der Gaumen begehrt. Obst-, und Gemüsestände. Einen Bäcker, der zu den gewaltigen Klängen einer Oper aus dem Lautsprecher seine Crêpes backt. Baguettes, Croissants, Pain au Chocolat. Wundervolle Patisserie. Ein Weinhändler. Ein Marokkaner. Pralinen. Würste. Alles da. Alles duftet und benebelt die Sinne. Ich lasse mich hinreißen und kaufe ein. Olivenöl, Brot, Käse, Rotwein. Wie im Paradies. Ich bin in Frankreich. Ich trinke Champagner. Ich flaniere durch die Stunden des Tages. Ich atme frei durch. Ich lache. Es lacht in mir. Ich bin in Paris.

 

Morgens:  Café Les Philosophes, 28 Rue Vieille du Temple. Herrliches Frühstück, knurrig-charmante Kellner. Lebendigkeit bis spät, wenn man will. Und Philosophieren.

Marché des Enfants Rouges, 39 Rue de Bretagne

Mittags: Restaurant Chez Marianne, 2 Rue des Hospitalières Saint-Gervais. Orientalisches Restaurant mit Terrasse. Falafel Take Away. Geschmack des Orients.

Abends: Restaurant Le Pétit Marché ,9 Rue de Béarn. Entzückendes kleines Restaurant im Norden des Place des Vosges. Kunst an den Wänden. Hübscher Kellner. Französische Küche. Den Aperitif genießt man in heiterer Stimmung auf dem Gehsteig.

Bar Au Petit Fer á Cheval30 Rue Vieille du Temple. Beste Bar. Winzig. Skurrile Typen. Im Hinterzimmer kann man auch essen.

Schlafen:

Hotel Pavillion de la Reine:  28 Place des Vosges. Noch träume ich nur von dieser noblen Herberge direkt am Place des Vosges.

Ferienwohnungen: Paris Autrement http://www.paris-autrement.com Wunderschöne, geschmackvolle und bestens gelegene Ferienwohnungen.  Als ob man in Paris leben würde….

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Audiovisuelles Schmuckstück A

Unser audiovisuelles Schmuckstück im Monat August

https://youtu.be/FVqK2vHcLY0

WELTverBESSERUNG

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Welt verbessern. Große Worte. Weltverbesserer sieht man gerne schief an, von der Seite. Sie sind unbequem. Man findet sie durchgeknallt und naiv, zugleich wäre man aber doch auch gern ein bisschen so. Die Welt ist im Wandel. Nicht zum Besseren. Man sollte sie verbessern. Nicht? Wir erleben, dass es irgendwie nicht mehr so entspannt ist, dass es knistert in der Luft. Die Atemluft wird schärfer. Terror und Gewalt. Das alles ist dennoch nicht neu, denn all das hat es immer schon gegeben. Nur nicht in meiner oder deiner Welt. Die Welten sind im Wandel. Viele fürchten Bedrohungen von außen: Flüchtlinge, Kapitalismus, Klimawandel, Verarmung. Dinge, denen wir machtlos ausgeliefert sind. Scheinbar. Wir fühlen uns hilflos. Uninformiert. Überrollt. Aber diese Bedrohungen meine ich nicht. Nur. Was ich meine, ist auch die zunehmende Verrohung unserer Gesellschaft, von Menschen in meiner unmittelbaren Umgebung. Menschen, denen es an nichts fehlt werden kälter, abgestumpfter und zugänglicher für billigen Populismus und falsche Versprechungen. Ich fühle mich bedroht durch eine Zunahme an Kälte und Hetze und Abnahme von Mitgefühl und Solidarität. Was kann ich tun? Ich kann nachdenken über das, was ich höre, sehe, lese, spüre und wahrnehme. Ich muss kein übereiltes Urteil fällen. Ich kann mir im stillen Kämmerchen mit Bedacht und ohne Hast eine Meinung bilden. Ich kann mich informieren, dann diskutieren und streiten. Und zuhören. Ich kann fragen. Ich kann dich fragen. Ich kann mich fragen, was Gerechtigkeit ist und Menschenwürde. Ich kann mir Rat holen. Bei klugen Menschen. Ich kann mich fragen, ob ein Vertriebener, der alles verloren hat eine Gefahr für mich darstellt oder der Hetzer, der mich als Gutmensch diskreditiert, der spaltet und ausgrenzt oder der, der dem Hetzer folgt. Nur weil meine Lösungen nicht Hass, Abschottung, Ausschließen und Bewaffnung, sondern Verstehenwollen, Überlegen, Behüten und Versöhnen sind, heißt das nicht, dass ich mir der Probleme nicht bewusst bin. Verteidigung und Verurteilung nur dort, wo sie gerechtfertigt sind. Es heißt nicht, dass ich niemals Angst habe. Aber ich habe etwas zu verlieren. Meine Welt. Wir alle haben etwas zu verlieren. Viel. Den Frieden. Die Fratze des Krieges zeigt sich uns in den Gesichtern jedes geflüchteten Menschen, wir sehen in ihren Augen, wozu Menschen fähig sind. Wir möchten wegschauen. Ich sehe aber auch die entstellten Gesichter der hemmungslos geifernden Aufwiegler. Ich kann mich ihnen entgegenstellen. Mit einer Meinung. Einer anderen Meinung. Ich kann darauf bestehen, dass jeder Mensch Würde besitzt, dass jeder Mensch kostbar ist, dass jeder Mensch eine Lebensgeschichte und das Recht auf eine Zukunft hat. Das Recht auf Zukunft und das Recht auf ein gutes Leben. Jedes Menschen Würde, die ich verteidige ist meine eigene. Jeder Angriff gegen die Menschlichkeit ist ein Angriff gegen mich selbst. Ich kann mir klar werden, dass Hass, Krieg, Unterdrückung und ein sich über andere Menschen erheben noch nie, niemals  fruchtbar und dem Glück und dem guten Leben zuträglich waren. Ich kann wählen. Ich habe die Wahl, weise zu sein, besonnen, gerecht und stark. Mit Stärke und etwas Mut kann ich mich gegen die Kleingeistigkeit, den Hass und das Vorurteil stellen. Nicht nur gegen die Vorurteile der anderen, sondern auch gegen jene, die in mir nagen. Gegen die Kleingeistigkeit in mir selbst. Ich kann meine schärfsten Waffen einsetzen, mein Herz und meinen Verstand. Ich kann die Perspektive des Gestrandeten, des Außenseiters und des Verlierers einnehmen und ich werde einsehen, dass ich ganz schnell selbst zu diesem Verlierer werden kann. Denn auch er steckt in mir. Ich halte das gute Leben in Händen. Das gute und freie Leben. Es ist bedroht. Ich will für das gute Leben meine Stimme erheben. Ich will mittun und ich will dich begeistern und noch viele mehr. Menschen sind dazu gemacht, das Glück zu suchen. Wir sind selbst die Bewahrer der guten Welt. Du und ich. Wir können Weltverbesserer sein. Ein Wort, ein Blick, eine Geste. Ein Anfang. Klein und lächerlich, möglicherweise, aber ein Schritt. Aus der Geste wird vielleicht eine Handlung und aus der Handlung eine Haltung. Und die Haltung ist das, was ich bin.

Audiovisuelles Schmuckstück M

Unser audiovisuelles Schmuckstück im Monat Mai

Audiovisuelles Schmuckstück J

Unser audiovisuelles Schmuckstück im Monat Juli